„Spitzenkandidaten-Modell ist nicht verhandelbar“ Vorstellung des „Demokratiepakets“ der EU-Kommission

„Spitzenkandidaten-Modell ist nicht verhandelbar“ Vorstellung des „Demokratiepakets“ der EU-Kommission

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14.02.18 13:16

Anlässlich der Vorstellung des „Demokratiepakets“ durch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Mittwoch, 14. Februar, unterstreicht der SPD-Europaabgeordnete und Verfassungsexperte Jo LEINEN die hohe demokratische Bedeutung des Spitzenkandidaten-Modells bei den Europawahlen: „Das Europäische Parlament in Vertretung der europäischen Bürgerinnen und Bürger bestimmt den Chef der EU-Exekutive und zwar aus der Reihe derjenigen, die sich den Europäerinnen und Europäern zur Wahl gestellt haben. Das Spitzenkandidaten-Modell ist eine große demokratische Errungenschaft und nicht verhandelbar. Die Zeiten, in denen die Staats- und Regierungschefs den Kommissionspräsidenten bestimmt haben wie das Konklave den Papst, sind vorbei“, sagt Jo LEINEN.
Juncker hatte unter anderem zu Wahlkämpfen mit europäischen Spitzenkandidaten und Spitzenkandidatinnen aufgerufen, eine Zusammenlegung der Ämter des Kommissionspräsidenten und des Präsidenten des Europäischen Rates ins Spiel gebracht und Sympathien für die Idee transnationaler Listen geäußert. „Europäische Wahllisten wären der wahre Durchbruch für die europäische Demokratie und die logische Fortschreibung des Spitzenkandidaten-Modells gewesen. Leider haben die Konservativen im Europäischen Parlament verhindert, dass alle Europäerinnen und Europäer direkt für einen der Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten stimmen können“, sagt Jo LEINEN.
Aus der Tatsache, dass der Europäische Rat den Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten vorschlägt, lasse sich kein Entscheidungsanspruch ableiten, so Jo LEINEN: „Ein Vorschlagsrecht und ein Wahlrecht sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Bei der Wahl des Bundeskanzlers würde der Bundespräsident auch nicht auf die Idee kommen, dem Bundestag einen Kandidaten vorzuschlagen, der im Parlament keine Mehrheit hat“, sagt der SPD-Europaabgeordnete. Vielmehr handele es sich um einen rein formalen Vorgang.
Es liege deshalb auch nicht in der Hand des Europäischen Rates, das bei den Europawahlen 2014 erstmals praktizierte Spitzenkandidaten-Modell in Frage zu stellen. „Das Parlament hat wiederholt klargestellt, dass es keine Person zum Kommissionspräsidenten wählen wird, die sich der Bevölkerung nicht als Spitzenkandidat im Wahlkampf präsentiert hat. Das Parlament sitzt am längeren Hebel und wird diesen demokratischen Fortschritt für mehr Wählereinfluss verteidigen“, kommentiert Jo LEINEN.
Es gebe aber keinen Automatismus, dass der Kandidat der stärksten Partei Kommissionspräsident wird. „Um Kommissionspräsident zu werden, benötigt ein Kandidat eine Mehrheit im Parlament. Da keine der europäischen Parteienfamilien auf eine absolute Mehrheit hoffen kann, wird es zu Koalitionsverhandlungen kommen, in denen die inhaltlichen Schnittmengen der verschiedenen Fraktionen ausgelotet werden. Das ist das kleine Einmaleins der parlamentarischen Demokratie“, sagt Jo LEINEN.    
Weitere Informationen: Büro Leinen +32 228 38842 und Angelika Pentsi +32 473 930060 (Pressesprecherin)